Die Rohstoff-Woche - KW 13/2010: Der Krieg um Öl und Uran steht bevor
Wie wir bereits in der letzten Ausgabe der Rohstoff-Woche berichteten, will Indien seine Atomstrom-Kapazitäten in den kommenden 10 bis 15 Jahren verzehnfachen. Indien liegt mit 23 neuen Reaktoren allerdings nur auf Platz zwei bei den geplanten Reaktoren. Diese Statistik führt weiterhin China mit 37 neu geplanten Reaktoren an. Weiterhin plant Japan den Bau von 13, die USA von 11, Russland von 8, Südkorea von 6 sowie Kanada, Großbritannien und die vereinigten Arabischen Emirate von jeweils 4 neuen Reaktoren. Den zehnten Platz belegt Südafrika mit 3 neu geplanten Reaktoren. Damit wollen allein diese 10 Länder in den nächsten Jahren mit dem Bau von 113 neuen Reaktoreinheiten beginnen! Weltweit sind aktuell insgesamt 142 neue Reaktoren in Planung.
Die Anzahl der aktuell Strom liefernden Einheiten stieg unterdessen auf 438. Im Bau befinden sich momentan 53. Weitere 327 Reaktoren sollen in den verschiedensten Ländern zusätzlich installiert werden. Das renommierte Analystenhaus Raymond James rechnet für das laufende Jahr mit der Fertigstellung von 6 weiteren Reaktoren, was einen zusätzlichen Bedarf von 2,5 Mio. Pfund U3O8 jährlich bedeuten würde. Für das Jahr 2011 geht man unterdessen von der Fertigstellung weiterer 14 Reaktoren mit einem Bedarf von circa 6 Mio. Pfund U3O8 aus.
Selbst wenn man annimmt, dass bis Ende 2011 auch einige alte, kleinere Reaktoren stillgelegt werden, so kann man trotzdem davon ausgehen, dass bis zum Ende nächsten Jahres (also in etwa 20 Monaten) 6 bis 7 Mio. Pfund an zusätzlichem Uranoxid benötigt und damit auch nachgefragt werden. Zum Vergleich: Die jährliche Uran-Produktion liegt aktuell weltweit bei etwa 80 Mio. Pfund. Wir könnten also allein innerhalb der nächsten 20 Monate eine Nachfragesteigerung bei Uran erleben, die 10% der aktuellen Weltproduktion entspricht.
Man könnte jetzt natürlich damit argumentieren, dass man ja noch weiteres billiges Uran aus Unmengen noch vorhandener Kernwaffen generieren könnte. Dies könnte aber schon zu einem baldigen Trugschluss führen. Denn diese Quelle droht zu versiegen. Dazu muss man wissen, dass der Großteil des Urans bisher aus abgerüsteten Atomwaffen der Roten Armee stammte. Russland verpflichtete sich 1993 innerhalb der mit den USA geschlossenen Abrüstungsverträgen 20 Jahre lang hoch angereichertes Uran an ein Konsortium von Firmen zu liefern, die das Uran dem Markt nach der Abreicherung als Brennstoff für die Kernindustrie zur Verfügung stellen.
Dieser Vertrag läuft also in 2013 aus und es gibt eigentlich keinen Grund, warum Russland diesen verlängern sollte. Zum Einen herrschen aktuell ganz andere politische Verhältnisse als in 1993, kurz nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und zum Anderen benötigt Russland selbst immer mehr Uran für seine eigenen Kraftwerke.
Wenn man jetzt glaubt, dass es sich dabei um Peanuts handelt, dann liegt man nochmals ganz falsch. Mehr als 20 Mio. Pfund U3O8 gelangen alljährlich aus den russischen Abrüstungsfabriken auf den freien Markt. 6 Mio. Pfund U3O8 als Mehrbedarf ab 2011 und möglicherweise mehr als 20 Mio. Pfund U3O8 weniger auf der Angebotsseite dürften den Uran-Markt aus Anlegersicht fast schon doppelt interessant machen. Wobei die Chancen für ein derartiges Angebotsdefizit nichtmal so schlecht stehen, denn sogar das Firmenkonsortium, dass die russischen Uranvorkommen abreichert glaubt selbst nicht daran, dass Russland über das Jahr 2013 hinaus weiterhin ehemaliges Waffen-Uran liefern wird.
Werden wir schon bald einen Ölpreis auf All-Time-High-Niveau sehen? Dies könnte passieren, sofern die USA ihre Drohungen wahr machen und den Iran angreifen sollten. Dass so etwas keineswegs Utopie ist, beweist ein Bericht der schottischen Ausgabe des “Herald“. Darin steht, dass die USA bereits seit geraumer Zeit ihr Waffenarsenal auf Diego Garcia, einer Insel im Indischen Ozean, mit bunkerbrechender Munition aufrüsten. Diego Garcia ist genau genommen britisches Territorium und war bereits im Golfkrieg Ausgungspunkt für amerikanische Luftangriffe auf Stellungen im Irak. Insgesamt 387 so genannte Blu-Bomben wurden bzw. sollen noch nach Diego Garcia gebracht werden.
Doch welche Folgen hätte ein möglicher Krieg mit dem Iran eigentlich aus rohstoff-technischer Sicht? Ins Hauptinteresse würde dabei vor allem der Öl-Sektor rutschen, da die vier Länder mit den größten Ölreserven unmittelbar davon betroffen wären. Dabei handelt es sich neben dem Iran noch um den Irak, Saudi-Arabien und Kuwait.
Die drei letztgenannten haben aktuell ein Problem: der Großteil ihrer Ölförderung muss hin zu den Weltmärkten ein Nadelöhr passieren, dass der Iran relativ leicht dicht machen könnte: die Straße von Hormus. Die Straße von Hormus verbindet die Häfen am Persischen Golf mit dem Indischen Ozean und grenzt im Norden an den Iran. Der hat auf einigen, dem Festland vorgelagerten Inseln bereits abschussbereite Raketen zur Störung des Schiffsverkehrs installiert. Es existiert zwar ein Pipeline-System von der Golfregion quer durch Saudi-Arabien ans Rote Meer, mittels dessen kann aber nur etwa die Hälfte des über den Seeweg transportierten Öls auf den Weltmarkt gelangen. Über 20% der weltweiten Öl-Produktion wären mindestens von den Weltmärkten abgeschnitten.
Im Juli 2008 drohte der Iran schon einmal, die Straße von Hormus abzuriegeln. Kurz darauf erreichte der Ölpreis mit einem Intraday-Kurs von knapp über 147 US$ sein bisheriges All-Time-High. Stellen Sie sich lieber etwas früher als zu spät auf einen möglichen Iran-Krieg und seine Folgen für den Ölmarkt ein. Die Vereinigten Staaten und ihre Lakaien sind auf jeden Fall schon geraume Zeit mit den Vorbereitungen darauf beschäftigt.
Das Zitat der Woche:
“Als ich Auto fahren lernte, sagte einmal der Fahrer zu mir: “Sie werden nie wirklich Auto fahren können.“ - “Warum?“ fragte ich erschrocken. “Weil Sie immer nur auf die Motorhaube schauen. Heben Sie den Kopf und schauen Sie dreihundert Meter voraus auf die Straße.“ So ist es auch an der Börse. Vorstellen muß man sich nicht, was morgen oder übermorgen sein kann, sondern man muß die Zukunft erforschen, auf Jahre vorausdenken.“ - André (Bertholomew) Kostolany (* 9. Februar 1906 in Budapest; † 14. September 1999 in Paris) war ein als Börsen- und Finanzexperte und als Spekulant auftretender Journalist, Schriftsteller und Entertainer ungarischer Herkunft.
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© Tim Roedel
Die Rohstoff-Woche
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