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Metalle - Schluss mit der Leidenszeit?

26.02.2009  |  Rohstoff-Spiegel
Sven Streitmayer ist Rohstoffanalyst in der volkswirtschaftlichen Abteilung der Landesbank Baden-Württemberg in Stuttgart. Nach seinem Studium zum Diplom-Ökonom an der Universität Hohenheim war er mitverantwortlich für den Aufbau des LBBW Commodity Research ab 2006. Neben dem Schwerpunkt der Rohstoffmärkte gehören Außenwirtschaft sowie Geld-, Währungs- und Beschäftigungspolitik zu seinen Fachgebieten.


Rohstoff-Spiegel: Die Basismetalle litten in den vergangenen Monaten zusammen mit dem Ölpreis am stärksten unter der Wirtschaftskrise. Ist der massive Preiseinbruch bei den Industriemetallen gerechtfertigt?

Sven Streitmayer: Im historischen Vergleich ist der Preisverfall an den Metallmärkten, gemessen an der Geschwindigkeit und dem Ausmaß, in dem er sich vollzog, in der Tat außergewöhnlich. Auf der anderen Seite hat sich aber auch das weltwirtschaftliche Umfeld seit vergangenem Sommer dramatisch verschlechtert. Nach Jahren überdurchschnittlich hoher Wachstumsraten folgte ab Herbst 2008 eine Vollbremsung der globalen Konjunktur, wie es sie seit mehr als einem halben Jahrhundert nicht mehr gegeben hat. Für 2009 rechnen wir daher trotz einer erwarteten Aufhellungin der zweiten Jahreshälfte mit einer Stagnation des Welt-BIPs (LBBWe: 0,6%) bzw. einer Weltrezession nach IWF-Lesart (reales Weltwirtschaftswachstum <3%). Dementsprechend schwach sehen wir die Nachfrage nach Basismetallen wie Kupfer, Aluminium, Nickel oder Zink. An den Metallmärkten wurde dies mit den massiven Abschlägen der letzten Monate bereits hinreichend eingepreist.

Die nicht minder drastische Reaktion der Angebotsseite wird aus unserer Sicht dagegen momentan von Vielen unterschätzt. So implizieren die zwischenzeitlich auf Rekordstände gestiegenen Terminmarktaufschläge (z.B. Kupfer, Zink) enorme Marktüberschüsse, welche sich u.E. so nicht fortschreiben lassen. Im Gegenteil: In einigen Märkten, wie bspw. Nickel und Zink, sind die Produktionskürzungen bereits so weit fortgeschritten, dass sie noch in diesem Jahr in ein Primärmarktdefizit drehen könnten. Unter dem Strich gehen wir davon aus, dass sich die seit dem Jahreswechsel zu beobachtende Stabilisierung der Basismetallpreise noch bis in den Sommer hinein fortsetzt, gefolgt von einer deutlichen Erholungsphase in der zweiten Jahreshälfte. Als zentrale Indikatoren für eine Trendwende an den Metallmärkten betrachten wir die Entwicklung der globalen Aktienmärkte, die Stimmung im Verarbeitenden Gewerbe (z.B. PMIs) sowie die täglich verfügbaren Lagerbestände der Metallbörsen.


Rohstoff-Spiegel: Viele Metalle notieren bereits weit unter den Grenzkosten, manche sogar unter den Mediankosten. Wie wirkt sich dies auf die Produktion aus?

Sven Streitmayer: Dass die Metallpreise temporär unter die Grenzkosten der Produktion sinken, ist für sich genommen nicht ungewöhnlich in wirtschaftlichen Abschwungsphasen. Inzwischen hat der Preis- bzw. Margenverfall jedoch in einige Bereichen bedrohliche Ausmaße angenommen, obwohl die Produktionskosten (v.a. der Energieanteil) selbst ebenfalls spürbar zurückgekommen sind. Besonders hart hat es die Hersteller von Aluminium, Nickel und Zink getroffen, wo weltweit derzeit schätzungsweise 50-60% aller Anbieter nicht mehr in der Lage sind, profitabel zu produzieren. In der Folge wurden, beginnend in den Hochkostenländern Australien, USA und Kanada, massive Produktionskürzungen vorgenommen, welche sich von der Minenförderung bis zu den höheren Verarbeitungsstufen erstrecken. Am weitesten fortgeschritten ist dies bei den Metallen, die bereits seit längerem rückläufige Preise aufweisen, namentlich Zink und Nickel. Allein auf der Minenebene belaufen sich die bislang für 2009 angekündigten Kürzungen bei den beiden Metallen auf rund 1 Mio. t (Zink) bzw. 220 Tsd. t (Nickel). Dies entspricht rund 9% bzw. 14% des jeweiligen Weltminenangebots.


Rohstoff-Spiegel: Explorationsunternehmen wurde im Zuge der Kreditkrise die Kapitalzufuhr gekappt, was in der Folge zu einer reihenweisen Schließung von Projekten bzw. Insolvenzen von Unternehmen führte. Wie stark wirkt sich dies auf die Angebotssituation der nächsten Jahre aus?

Sven Streitmayer: Da die Explorer i.d.R. noch kein Cash Flow generieren, sind sie in hohem Maße von Fremdkapital abhängig. In dem aktuellen Kapitalmarktumfeld ist dieses v.a. für Großinvestitionen jedoch kaum oder nur zu ungünstigen Konditionen zu bekommen, so dass zahlreiche Minenprojekte mangels Finanzierung zurückgestellt oder gar abgebrochen wurden. Ersten Schätzungen zufolge wurden bislang etwa 120 der für 2009 und 2010 geplanten Neuprojekte im Minensektor, mit einem Investitionsvolumen von knapp 200 Mrd. USD, vorerst auf Eis gelegt.

Darunter so prominente Namen wie HudBays Fenix Nickelprojekt oder AIM Resources mit der Erschließung der Perkoa Zinkmine. Die langfristigen Angebotseffekte der genannten Entwicklungen lassen sich aus heutiger Sicht kaum exakt quantifizieren. Klar ist jedoch, dass hier bereits der Nährboden für künftige Angebotsengpässe an den Metallmärkten gesät wird. Wie auch in den vorangegangenen Produktionszyklen wird dies zwar nicht zu existenziellen Problemen bei der Metallversorgungführen. Der Preiseffekt der heutigen Angebotsmaßnahmen wird jedoch spätestens im nächsten Konjunkturaufschwung spürbar sein.


Rohstoff-Spiegel: Der Baltic Dry Index, bekannt als klassischer Frühindikator, hat nach dem massiven Einbruch im zweiten Halbjahr 2008 nun eine deutliche Erholung gezeigt. Geht es mit der Weltwirtschaft bald wieder bergauf? Wie wichtig ist eine Erholung in den Emerging Markets, besonders China, für die Metalle?

Sven Streitmayer: Die zuletzt starke Rallye der Seefrachtraten, gemessen am Baltic Dry Index (seit Jahresbeginn: +150%), als eine konjunkturelle Trendwende zu interpretieren, halten wir für verfrüht. Denn zum einen war eine Normalisierung der Frachtraten nach dem historischen Einbruch längst überfällig. Zum anderen basiert die jüngste Erholung des BDI fast vollständig auf den verstärkten Eisenerzimporten Chinas sowie den derzeit hohen Getreideexporten aus Australien und ist damit auf nur zwei Regionen begrenzt. Eine spürbare Aufhellung der weltwirtschaftlichen Lage erwarten wir - wie eingangs bereits erwähnt - frühestens ab dem dritten Quartal 2009.

China ist dabei, als der dominante Treiber an den Rohstoffmärkten im Allgemeinen und den Metallmärkten im Speziellen, natürlich von besonderer Bedeutung. Zwar wird sich die Volksrepublik, nach dem Wegbrechen ihrer Exportmärkte, dem weltwirtschaftlichen Abschwung nicht gänzlich entziehen können. Einen regelrechten Wachstumseinbruch im Reich der Mitte halten wir dagegen für unwahrscheinlich. Nach Maßgabe der enormen fiskalischen und monetären Impulse wird sich das BIP-Wachstum Chinas im laufenden Jahr nach LBBW-Prognose auf rund 7% (2010: 8%) belaufen. Für die Metallmärkte bedeutet dies, dass China auch im laufenden Jahr ein signifikantes Nachfrageplus verzeichnen dürfte und damit die zu erwartenden Rückgänge in den USA, Europa und Japan zumindest teilweise kompensiert werden.






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