Die Rohstoff-Woche - KW 50: (Über-)prüfungen
Ein Grund für die extreme Achterbahnfahrt in dieser Woche war wohl auch die Unentschlossenheit der amerikanischen Politiker, die am Mittwoch im Repräsentantenhaus noch die US-amerikanischen Autobauer Ford, General Motors und Ford aus dem gröbsten Sumpf ziehen wollten und sich am Donnerstag Abend im Senat dann doch dagegen entschieden. Nun wird wohl nichts anderes passieren als vor einigen Wochen bei der Frage, ob man einen Auffangfonds für die angeschlagene Bankenwelt Amerikas bilden soll. Man wird nachverhandeln und gegebenenfalls muß Papa George W. als dann wohl endgültig letzte Amtshandlung sein Veto einlegen und die heruntergewirtschaftete Automobilbranche mit zunächst einmal (das wird mit Sicherheit nicht das Ende der Fahnenstange sein) 14 Milliarden USD “retten“. Obwohl unabhängige Überprüfungen zu dem Ergebnis gekommen sind, dass die drei Firmen praktisch nicht mehr zu retten sind.
Es werden neue Druckerpressen bestellt werden müssen, da die Kapazitäten der Zentralbank so langsam nicht mehr ausreichen um den enormen Bedarf an Dollarnoten decken zu können. Aus einer anhaltenden, kurzen deflationären Phase wird es dann mit Vollgas in die Inflation gehen, der Wert aller Bankvermögen wird zunächst einmal halbiert, nur um diesen danach zu siebteln und die Sparer wieder einmal die Dummen sein zu lassen. Währenddessen werden die vielen schmucken Holzhäuser irgendwo in L.A. oder Detroit oder sonstwo in der “neuen Welt“ - die ja der Hauptauslöser für die aktuelle Lage waren - Stück für Stück verrotten und als Heizmaterial für neue Obdachlose enden. Clevere Geldanlage verehrte Banker! Setzen, sechs!
Auf ein unverhofft schnelles Ende des Reviewing-Prozesses in der Demokratischen Republik Kongo können wohl all diejenigen hoffen, die schon seit längerem in den Aufbau neuer Minenprojekte in dem zentralafrikanischen Land investieren.
Wie der stellvertretende Minenminister Kasongo in dieser Woche mitteilte, will man nun endgültig in der nächsten Woche einen Schlussstrich unter die monatelangen Überprüfungen und Verhandlungen von 61 Bergbauverträgen aus der Zeit vor 2005 ziehen.
Der Grund für dieses mögliche, überraschend schnelle Ende des Prozesses liegt wohl darin, dass vor allem in der südlichsten kongolesichen Provinz Katanga immer mehr Bergarbeiter in den wenigen etablierten Minen ihren Hut nehmen müssen. Schätzungen gehen davon aus, dass zwischen 200.000 und 300.000 Arbeiter für einen nicht absehbaren Zeitraum ausgestellt werden müssen beziehungsweise bereits entlassen wurden - eine weitere Folge des Preisverfalls von - in diesem Falle - vor allem Kupfer.
Dieses Schreckensszenario, das erheblichen sozialen Sprengstoff birgt, versucht man nun dadurch abzufedern, indem man lange Zeit blockierte Minenprojekte schnellstmöglicht endverhandeln und diese ebenso rasch in Produktion bringen will. Daneben wird aktuell auch versucht die Steuerlast der schon beziehungsweise noch arbeitenden Betriebe zu minimieren um die letzten verbliebenen laufenden Minen weiterhin auch am Laufen zu halten.
Vom Vertrags-Reviewing betroffen sind unter anderem auch Anglogold Ashanti und Freeport McMoran. Es wird darüberhinaus erwartet, dass einige der vom Reviewing betroffenen Firmen in nicht allzu ferner Zeit zu heißen Übernahmekandidaten werden könnten - sofern der Prozess nun wie angekündigt noch in diesem Jahr abgeschlossen werden kann.
Zum Thema Entlassungen im Rohstoffsektor erreichten uns diese Woche zwei weitere Meldungen.
Zum Einen verkündete Rio Tinto, neben Compania Vale do Rio und BHP Billiton eines der drei größten Abbauunternehmen der Welt, dass man 14.000 Jobs streichen müsse. Grund dafür seien Stillegungen einzelner Minenbereiche aber auch kompletter Anlagen im Bereich der Basismetalle, da die Nachfrage nach eben diesem Rohstoffbereich außerordentlich stark eingebrochen sei.
Zum Zweiten stehen allein in Australien aktuell über 320 Explorationsgesellschaften vor dem Aus. Alle diese Firmen besitzen weniger als eine Million AUD Cash, in der aktuellen, extrem investitionsfeindlichen Marktsituation ein nahezu tödliches Problem. Man darf wohl getrost davon ausgehen, dass ein hoher Prozentsatz dieser Gesellschaften in 2009 die Tore schließen werden muß. Selbst bei Einstellung aller Explorationstätigkeiten ist es einem Explorer mit weniger als einer Mio. AUD nahezu unmöglich, sich länger als 12 Monate über Wasser zu halten.
Und selbst etablierte Unternehmen wie Gold Fields Ltd. müssen Leute entlassen, da sich der Abbau von Gold und anderen Materialien aktuell nicht mehr lohnt. Der Abbau einer Unze Gold kostet in Westaustralien durchschnittlich über 900 USD, bei aktuellen Preisen von 800 USD je Unze ein Draufzahlgeschäft und das an jedem einzelnen Tag, bei jeder einzelnen Lastwagenladung.
In etwa gleich mit dem Entscheidungschaos bezüglich der Rettung der großen Autobauer verlief in dieser Woche auch das Ölpreisbarometer. 40 USD blinkten da kurzzeitig auf, der Liter Diesel kostete in Deutschland erstmals wieder weniger als einen Euro. “Ja ist denn heut schon Weihnachten“ äußerten da geschockte Bürger in die Kameras und Mikrofone der deutschen Mainstreammedien-Landschaft. Weihnachten ist noch nicht, sollten sich die OPEC-Mitglieder auf ihrer bevorstehenden Sitzung allerdings nicht einig werden bezüglich einer Drosselung ihrer Fördermengen und/oder sich einige Mitglieder, wie jüngst geschehen, nicht an die gemachten Zusagen halten, so dürfte der Ölpreis weiterhin auf dem aktuellen Niveau bleiben. Nachfragetechnisch erfährt er momentan sicherlich keinerlei nennenswerte Unterstützung. Und wenn man die Nachfrage nicht ankurbeln kann, dann muss man eben das Angebot drosseln, um an der Preisschraube zu drehen.
Ebenfalls von den Autobauern abhängig sind die Produzenten von Platin und Palladium. Nach der Bekanntgabe des Senats-Ergebnisses über die Nicht-Bewilligung der Milliardenkredite an die amerikanischen Autobauer, kündigten drei der größten Platinproduzenten der Welt, Impala Platinum Holdings Ltd., Anglo Platinum Ltd. und Lonmin Plc, dass man alle Produktionsstätten eingehenden Wirtschaftlichkeitsprüfungen unterziehen werde. Lonmin vermeldete außerdem die einstweilige Schließung der südafrikanischen Limpopo-Mine.
Werksschließungen und Produktionskürzungen dauern also an. Die Massenentlassungen bei den großen Rohstoffproduzenten geben einen Vorgeschmack auf das, was auch anderen Branchen blühen wird. Ein Gutes hat das Ganze: Bei der Geschwindigkeit, in der aktuell Minenprojekte stillgelegt werden, ist es nur eine Frage der Zeit, bis der Rohstoff-Markt preistechnisch wieder dreht. Nämlich dann, wenn entweder durch Angebotsverknappung das aktuelle Nachfrageniveau erreicht ist, die Nachfrage wieder steigt (in etwa sechs Monate vor Ende einer Rezession sind in der Regel erste Ausläufer davon zu spüren) oder beides. Geht man einmal davon aus, dass eine “normale“ Rezession etwa eineinhalb Jahre andauert, dann müßten wir also etwa Ende 2009, Anfang 2010 aus der Rezession herausschreiten. Der Rohstoffsektor müßte demnach also etwa zur Jahresmitte 2009 wieder stärkeres Interesse hervorrufen.
Alles unter der Voraussetzung, dass wir es aktuell mit einer “normalen“ Rezession zu tun haben. In welche Richtung uns diese Prüfung nun letztendlich führen wird, wagt indes noch niemand zu prognostizieren.
© Tim Roedel
Die Rohstoff-Woche
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