Die Rohstoff-Woche - KW 35: Quo vadis Rohstoffmarkt?
So sind es nämlich gerade die Metalle, die seit Jahresbeginn an Boden verloren. Spitzenreiter sind hierbei Zink, Nickel, Palladium und Blei, die allesamt zwischen 20 und 25% an Wert verloren, gefolgt von Weizen mit etwa 10 Prozent und Silber mit rund 6%. Nahezu unverändert blieben Gold und Platin, während der absolute Spitzenreiter Uran ist, mit Preisverlusten von knappen 30%.
Auf der Habenseite finden sich dagegen überraschenderweise nur sehr wenige Metalle wieder. Neben dem erwähnten Aluminium mit einem Preisanstieg von etwa 13% finden sich bei den Metallen nur noch Kupfer (+12%) und Zinn (+23%). Vor allem die Agrarrohstoffe wie Holz mit einem Preisanstieg von etwa 8%, Sojabohnen mit 11%, Zucker mit 23% und Mais mit 25% sowie Öl und Gas (Heizöl, WTI und Brent mit etwa 21%, Benzin 22% und Erdgas mit knapp 7%) und als absoluter Spitzenreiter Kohle mit einem satten Plus von über 55%, können seit Jahresbeginn Preissteigerungen verzeichnen. Sieht doch eigentlich noch ganz moderat aus, oder?
Na gut, dann sollten wir uns vielleicht einmal die Zahlen nur für das bisherige zweite Quartal 2008 ansehen. Die zeigen uns nämlich, dass lediglich vier der wichtigsten Rohstoffe innerhalb der letzten Wochen einen Preisanstieg verzeichnen konnten, nämlich Zucker, Holz, magere Schweinehälften und Schweinebäuche. Alle anderen der oben genannten Rohstoffe mußten teilweise herbe Verluste von bis zu 40% (wie bei Palladium und Erdgas) hinnehmen. Ein klares Kaufsignal? Naja, rein statistisch vielleicht schon, jedoch sollte man auch immer die Fundamentaldaten, rohstoffspezifischen Fakten und den Gesamtmarkt betrachten.
So stehen beispielsweise beim Öl eher politische und meteorologische Aspekte im Vordergrund. So brachte die diesjährige Hurrikansaison wenig Unterstützung für den seit einigen Wochen fallenden Ölpreis. Ja selbst der Kaukasuskonflikt konnte (bisher?) keine signifikanten Impulse setzen. Die Experten der Deutschen Bank rechnen mittlerweile nicht mehr mit einem Niedergang des Ölpreises auf unter 100 US$ je Barrel innerhalb der nächsten Quartale. Einem prognostizierten Nachfragerückgang von 2% in den USA würde eine 6%ige Nachfrageausweitung Chinas gegenüberstehen und das gesamte zu einem Nullsummenspiel machen, “mit der Hilfe“ von schwelenden Konflikten in Georgien, Nigeria und dem Iran sei eher mit positiven Impulsen am Ölmarkt zu rechnen.
Das ganze liest sich für den gemeinen Betrachter alles noch immer etwas ratlos und unschlüssig, wohl auch wegen der anhaltenden Ungewissheit über den Ausgang der US-Wahlen, der wirtschaftlichen Entwicklung der USA, der Entwicklung des Dollar, noch immer im Raum stehender Möglichkeiten einer Ausweitung des Iran-Konflikts oder der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung im Allgemeinen.
Bezüglich des eingangs erwähnten Preises für Aluminium rechnet man bei der Deutschen Bank übrigens eher mit einem weiteren Rückgang bis in die Nähe marginaler Produktionskosten, was zu einem Selektionsprozess innerhalb der Branche führen sollte (vor allem auf Grund gestiegener Energie-, Arbeits- und Materialkosten bei den Produzenten) und dem Aluminium letztendlich wieder zu einem Sprung verhelfen dürfte.
Bei Kupfer wird sich - zumindest bis Ende 2009 - an der aktuellen Situation nicht viel ändern. Es werden bis zu diesem Zeitpunkt einfach noch zu wenige neue Kupferminen hinzukommen, um den noch immer steigenden Bedarf zu decken. Viele der aktuell fördernden Minen sind entweder fast komplett erschöpft oder aber die Förderkapazität lässt sich gar nicht oder nicht schnell genug erweitern. Auf jeden Fall ist davon auszugehen, dass man auch 2008 zum sechsten Mal innerhalb der letzten sieben Jahre ein Defizit am Kupfermarkt haben wird. Das sollte die Preise weiter in Richtung 10.000 US$ je Tonne treiben.
Des Einen Freud, des Anderen Leid: während viele Shareholder mexikanischer Silberproduzenten so langsam ins Schwitzen kommen müßten, dürfte die Anleger in physisches Silber oder in Hebelprodukte auf den Silberpreis folgende Nachricht besonders aufhorchen lassen: Mexikos Silberproduktion ist innerhalb eines Jahres um satte 24% eingebrochen. Und Mexiko ist nicht irgendein Land im Silberbergbau, teilte es sich doch zusammen mit Peru jahrelang den Spitzenplatz bei den jährlichen Abbaumengen. Inwieweit dieser Trend fortgesetzt wird ist freilich fraglich, in den letzten Monaten zog die Produktion wieder leicht an. Außerdem stehen mehrere kleinere Minen vor einem Produktionsstart innerhalb der nächsten 12 Monate beziehungsweise sollen bestehende Förderkapazitäten - wie bei First Majestic Silver - ausgebaut werden.
Ein gewisses Aufatmen war diese Woche bei vielen der - vom Reviewing-Prozess der Demokratischen Republik Kongo betroffenen - Rohstoffinvestoren zu spüren. Gleich mehrere Verantwortliche aus dem kongolesischen Minenministerium stellten ein Ende des Überprüfungsprozesses von insgesamt 61 Lizenzverträgen, die vor der Wahl Kabilas in 2006 geschlossen wurden, für den 30. September 2008 in Aussicht. Von diesem schwebenden Verfahren betroffen sind unter anderem die “Schwergewichte“ AngloGold Ashanti, Anvil Mining und Freeport-McMoRan Copper & Gold Inc., sowie Junior-Explorer wie Moto Goldmines mit aktuellen Ressourcen von etwa 20 Millionen Unzen Gold und Tiger Resources mit dem angepeilten Ziel zum Ende dieses Jahres eine Million Tonnen Kupfer nachgewiesen zu haben.
Besonders gut stehen dabei die Chancen auf einen Erhalt der Verträge für die Firmen, die bereits eine bankfähige Machbarkeitsstudie vorweisen konnten. Für nahezu alle anderen Firmen (fast durch die Bank kleinere Junior-Explorer) bedeutet der Abschluss dieser Überprüfungsaktion jedoch einen gewissen Verlust ihrer jeweiligen Anteile an den bisher gehaltenen Lizenzen (der kongolesiche Staat will einen 51%igen Anteil an den Gebieten) oder gar einen Totalverlust der Lizenzen. Alles in allem werden wohl 14 Lizenzverträge ohne größere Beanstandungen bestätigt werden, 26 nachverhandelt und die restlichen 21 Verträge aufgelöst werden. Die überprüften Verträge tangieren dabei fast alle Arten von Rohstoffen, von Gold über Kupfer und Zinn bis hin zu Diamanten.
Alles in allem bleibt festzuhalten, dass eine gewisse Bodenbildung bei den meisten Metallen zu erkennen ist. Bei Öl und Gas scheiden sich dagegen weiterhin die Geister, vor den US-Wahlen wird sich wohl schwerlich ein Trend ableiten lassen. Die Talfahrt einiger Agrarwerte könnte sich derweil fortsetzen, da einige Produkte noch immer einen gewissen Korrekturbedarf vom Hype von Anfang diesen Jahres haben. Auf mittel- bis langfristige Sicht wird man aber vor allem im Agrarsektor weiter Preise auf hohem Niveau sehen.
Ein gewisses Misverhältnis zwischen einer weiterhin wachsenden Weltbevölkerung und einer begrenzten Anbaufläche wird auch mittels verbesserter Anbau- und Düngemethoden zunächst einmal nicht ausgeglichen werden können, da vor allem letztgenannte Düngemittel-Bestandteile nicht von heute auf morgen in ausreichender Kapazität bereitgestellt werden können. Diese, für fast alle förderbaren Rohstoffe allgemeingültige Problematik fehlender Minenkapazitäten wird den Rohstoffsektor noch über Jahre hinaus beschäftigen und Anlegern auch weiterhin Gewinne bescheren.
© Tim Roedel
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