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Die Rohstoff-Woche - KW 34/2010: Kommt jetzt das Ende der Ölpreisbindung?

22.08.2010  |  Tim Roedel (Rohstoff-Woche)
Gold zeigt sich trotz allen Unkenrufen weiterhin stark. In dieser Woche konnte die Marke von 1.240 USD je Unze erreicht werden. Interessant ist weiterhin die Entwicklung des weltweit größten Gold-ETFs, des SPDR Gold Trust. Dieser konnte in der vergangenen Woche abermals Zuflüsse verzeichnen. Um vier Tonnen steigerte sich der Bestand des ETFs. Damit besitzt der SPDR Gold Trust knapp 1.300 Tonnen Gold und liegt nur noch etwa 20 Tonnen unter seinem Höchststand vom Juni dieses Jahres.

Abwärts ging es hingegen für die weiteren Edelmetalle Silber, Platin und Palladium. Der Grund dafür liegt in ihrer Eigenschaft, vor allem auch im Industriebereich großen Einsatz zu finden. Auf Grund neuerlicher Konjunkturängste mussten viele Industriemetalle in dieser Woche Preisrückgänge verzeichnen. Und dies bekamen wiederum Silber, Platin und Palladium auch mit zu spüren.

Dabei sieht es bei einigen Industriemetallen gar nicht so schlecht aus. Für Kupfer, Nickel und Zinn bestand im ersten Quartal 2010 sogar ein Angebotsdefizit. Das heißt es wurde mehr nachgefragt als produziert wurde. Vor allem gestiegene Zukäufe von Edelstahlherstellern und Minenstreiks beim weltgrößten Basismetall-Produzenten Vale in Kanada trugen zu dieser Situation bei.

Befürchtungen über schwächere makroökonomische Daten in naher Zukunft haben in dieser Woche vor allem aber auch den Rohölpreis unter Druck gebracht. Wohingehend die allermeisten Agrar-Rohstoffe gegen ähnliche Befürchtungen immun zu sein schienen. Allen voran Weizen und Baumwolle konnten sich relativ gut behaupten.

Der Rohölpreis musste in dieser Woche richtig Federn lassen und fiel auf etwa 74 USD je Barrel zurück. Als Hauptgrund dafür gilt die Befürchtung vieler Anleger, dass sich die US-amerikanische Wirtschaftskraft wieder deutlich abkühlen könnte. Besonders die steigenden Neuanträge auf Arbeitslosenhilfe sowie eine sich abzeichnende Abschwächung des Einkaufsmanagerindexes, der als Frühindikator für die wirtschaftliche Entwicklung in den USA gilt, lassen auf ein weiteres Schwächeln der US-Wirtschaft deuten. Eine schwächelnde Wirtschaft wird aller Voraussicht nach weniger Rohöl nachfragen, ergo sinkt der Preis dafür.

Aller Voraussicht nach wird die OPEC bis in den September hinein ihre Rohöl-Exporte kürzen, da auch China momentan weniger Rohöl nachfrägt als normal. Dies liegt im Fall von China allerdings nicht an einer schwächelnden Wirtschaft, sondern an einer saisonbedingten Überholung beziehungsweise Instandhaltung vieler chinesischer Raffinerien. Diese können während der laufenden Arbeiten gar kein oder nur eingeschränkt Rohöl verarbeiten, weswegen die Nachfrage aus China aktuell recht schwach ausfällt. Dies führt im Umkehrschluss allerdings auch dazu, dass China während dieser Periode einen Teil seiner Lagervorräte an Benzin, Diesel, Heizöl usw. abbauen wird, weswegen die Nachfrage nach Abschluss aller Reparaturarbeiten wieder stärker anziehen dürfte.

Während Rohöl trotz aller möglichen Nachfragerückgänge weiterhin auf einem akzeptablen Niveau notiert, verliert der eh schon schwache Erdgaspreis immer weiter an Boden. Und das, obwohl sich die Lagerbestände nur minimal nach oben bewegen. Gerade auch wegen dieser Entwicklung regt sich im europäischen Raum wieder vermehrt Widerstand gegen die bestehende Ölpreisbindung (nähere Erläuterung siehe unten). Diese wurde zumindest in Deutschland durch ein Urteil des Bundesgerichtshofes aus dem März dieses Jahres etwas gelockert, besitzt aber noch immer Gültigkeit und vor allem viele Verbraucherfallen und Schlupflöcher für die großen Öl-Konzerne. Jüngst in dieser Woche bezeichnete Kanzlerin Angela Merkel die bestehende Ölpreisbindung in der aktuellen Form als "sachlich nicht geboten". Dass die Ölpreisbindung in Zukunft etwas mehr gelockert werden könnte, zeigen allein schon Meldungen über Anfragen des Energiekonzerns EON an den Vorlieferanten Gazprom zwecks möglicher Gaspreissenkungen.


Hätten Sie es gewusst?:

Die Ölpreisbindung bezeichnet die Koppelung des Preises für Erdgas an die Ölpreise in Deutschland. Die Ölpreisbindung ist dabei keineswegs gesetzlich verankert, sondern eine internationale, brancheninterne Vereinbarung zwischen ausländischen Produzenten und deutschen Importeuren. Im Allgemeinen kann man dieses Vorgehen als klassisches Kartell bezeichnen. Dieses setzt sich über alle Versorgungsstufen vom Produzenten über die Importeure, Ferngasgesellschaften und Gasversorgungsunternehmen bis hinunter zu den Endverbrauchern fort. Bei der Gestaltung der Preisbindung existieren sehr unterschiedliche Varianten: Bindung an Rohölsorten, Bindung an Ölprodukte (wie beispielsweise Heizöl oder Schweröl) oder Definition der Referenzpreise (durch das Statistische Bundesamt oder zentrale Öllager in Rotterdam oder anderen Städten).

In der Regel hat Erdgas allein deshalb gegenüber Öl eine um drei bis sechs Monate verzögerte Preisentwicklung. Die Preisanpassungen erfolgen dabei in einem quartalsweisen oder halbjährlichen Rhythmus. Erdgas- und Heizölpreise entsprechen sich - unbesehen der Tatsache, dass die Preisbildungen beider Energieträger nicht vergleichbar sind - auch wegen der Verzögerung zeitlich deshalb nie. Die Ermittlung und Gestaltung der Gaspreise - immer in Verbindung mit dem Rohölpreis als einer Art Referenzgröße - ist also mit gutem Gewissen als relativ willkürlich zu bezeichnen. Um diesem Roulette-Spiel etwas entgegen zu wirken entschied der Bundesgerichtshof im März 2010, dass Gasversorger ihre Preise nicht mehr ausschließlich an die Entwicklung des Ölpreises binden dürfen.


Das Zitat der Woche:

"Meine Politik gründet nicht auf irgendeiner wirtschaftlichen Theorie, sondern auf Grundsätzen, mit denen ich wie Millionen andere groß geworden bin: Ehrliche Bezahlung für ehrliche Arbeit, lege was beiseite für schlechte Zeiten, bezahle deine Rechnungen pünktlich, unterstütze die Polizei." - Margaret Hilda Thatcher, Baroness Thatcher of Kesteven (* 13. Oktober 1925 in Grantham, Lincolnshire, England als Margaret Hilda Roberts) ist eine ehemalige britische Politikerin und war von 1979 bis 1990 Premierministerin des Vereinigten Königreichs und von 1975 bis 1990 Vorsitzende der Conservative Party.

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© Tim Roedel
Die Rohstoff-Woche





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