Die Rohstoff-Woche - KW 26/2010: Wie knapp sind Silber und Rohöl?
Die vorliegenden Zahlen aus dem vergangenen Jahr 2009 lassen zumindest darauf schließen. Demnach wurden in 2009 weltweit 710 Millionen Unzen Silber gefördert. Diese 21.500 Tonnen Silber machen aber nur 80% der gesamten Silberverkäufe aus dem letzten Jahr aus. 18% kamen aus dem Recycling, die restlichen 2% von Staatsverkäufen. Insgesamt wurden im Jahr 2009 889 Millionen Unzen Silber nachgefragt und gehandelt.
Die größten Silberproduzenten der Welt sind weiterhin Peru mit einem Anteil von 17%, Mexiko mit 15% und China mit 12%. Dahinter folgen Australien mit 7% sowie Polen, Chile, die USA, Russland und Bolivien mit jeweils 6%. Kanada steuerte in 2009 3% bei. Damit kommen 84% der gesamten geförderten Silbermenge aus diesen 10 Staaten.
Nur 30% der weltweiten Silberproduktion stammte 2009 aus reinen Silberminen. 34% fielen als Nebenprodukt bei der Zink- und Blei-Förderung an. 23% stammen aus Kupferminen und 13% wurden bei der Goldproduktion ans Tageslicht gefördert.
Die folgenden Zahlen machen besonders gut die Sonderstellung von Silber innerhalb der Gruppe der Edelmetalle deutlich. So flossen 2009 40% der gesamten Silbermenge in den Industriesektor. 18% wurden zur Absicherung von Deckungsgeschäften verwendet. Weitere 18 flossen in den Schmuckbereich. 15% wurden zu Münzen und Barren verarbeitet und fanden ihren Weg in Tresore und Bankschließfächer. Die restlichen 9% fanden in der Fotografie Verwendung.
Aktuell befinden sich etwa 460 Millionen Unzen Silber in den Händen so genannter ETFs (Exchange Traded Funds). Der mit Abstand größte Silber-ETF ist der iShares Silver Trust (SLV) der an der American Stock Exchange in New York notiert ist. Dieser verwaltet aktuell etwa 300 Millionen Unzen Silber.
Die weltweiten Silber-Lagerbestände befinden sich weiterhin auf einem moderaten Niveau. Insgesamt liegen weltweit etwa 800 Millionen Unzen Silber auf Lager. 2003 tendierte dieser Wert schon mal gen Null. Ihren Höchststand erreichten die Silber-Lagerbestände mit 2,2 Millionen Unzen im Jahre 1990.
Sieht man sich also rein die nackten Zahlen an, so kann man zum aktuellen Zeitpunkt nicht unbedingt von einer Silberknappheit sprechen. Immerhin stiegen in den letzten 5 Jahren die Lagerbestände kontinuierlich an. Auf der anderen Seite nimmt die Nachfrage nach Silber aber ebenso kontinuierlich zu, wobei diese von der aktuellen Produktion nicht komplett gedeckt werden kann.
Die Internationale Energieagentur gab vor wenigen Tagen ihre Einschätzung zur kommenden Entwicklung des Rohöl-Sektors heraus. Demnach geht die IEA davon aus, dass bereits in diesem Jahr wieder das gleiche Nachfrageniveau wie vor der weltweiten Bank- und Finanz-Krise erreicht wird. Bis zum Jahr 2015 erwartet man einen Anstieg des täglichen Rohöl-Bedarfs auf 92 Millionen Barrel. Und auch die Angebotsseite soll laut IEA bis ins Jahr 2015 weiter zulegen, nämlich von derzeit 91 Millionen Barrel Rohöl pro Tag auf dann 97 Millionen Barrel. Dies soll vor allem durch Kapazitätsausweitungen innerhalb der OPEC-Länder möglich werden.
Nun stellt man sich einmal mehr die Frage, ob denn der Rohöl-Peak immer noch nicht erreicht sei. Eine Kapazitätsausweitung in den OPEC-Ländern, also gerade in den Ländern, die fördertechnisch ihren Zenit schon längst überschritten haben dürften? Und was ist denn nun eigentlich mit der Tiefseeförderung? Diese macht an der gesamten weltweiten Rohöl-Förderung immerhin schon 10% aus. Die gesamte Offshore-Förderung besitzt schon jetzt einen Anteil am Gesamt-Förder-Volumen von 35% Was ist, wenn es da Produktionseinbrüche als Konsequenz aus dem BP-Desaster im Golf von Mexiko geben wird? Immerhin wird die geschätzte Rohöl-Überkapazität ja laut oben beschriebener Schätzung im Jahr 2015 lediglich 6 Millionen Barrel pro Tag ausmachen, also grob gesagt 6% von der Gesamtmenge.
Zudem geht die IEA von einem jährlichen Rohöl-Nachfrage-Wachstum von lediglich 1,4% aus. Zum Vergleich: in den Jahren vor 2008 lag diese bei knapp über 2%. Weiterhin rechnet die IEA mit einer Verbesserung der Energieeffizienz von 3% jährlich, was also bis ins Jahr 2015 einer Energieeffizienz-Verbesserung von kumuliert 16% entspricht. Ist das realistisch?
Diese Frage dürfen Sie gerne für sich selbst beantworten. Eines steht jedoch fest: Die Rechnung der IEA beinhaltet gleich mehrere grobe Unsicherheitsfaktoren. Selbst wenn die OPEC-Staaten ihre Förderkapazitäten nochmals erhöhen könnten - was mehr und mehr bezweifelt werden darf - Probleme bei der Offshore-Förderung, sowie wenig realistische Einschätzungen hinsichtlich der zu erwartenden Energieeffizienz (die ja nicht nur für hochtechnisierte Länder, sondern auch für Schwellenländer gelten sollen, die ja zum Teil überhaupt erst jetzt auf dem Sprung ins Erdölzeitalter sind) und der Rohölnachfrage-Entwicklung lassen dennoch Zweifel darüber aufkommen, ob 2015 noch genügend Öl für alle vorhanden sein wird.
Hätten Sie’s gewusst?:
Ein Exchange-Traded Fund (wörtlich “börsengehandelter Fonds“) ist ein Fonds in Form eines Sondervermögens, der an der Börse gehandelt, meist passiv verwaltet wird und meist einen zugrundeliegenden Index abbildet. Vielen Rohstoff-ETFs liegen physische Metalle zu Grunde.
Das Zitat der Woche:
“Machen Sie sich erst einmal unbeliebt, dann werden Sie auch ernst genommen.“ - Konrad Hermann Joseph Adenauer (* 5. Januar 1876 in Köln; † 19. April 1967 in Rhöndorf, Stadtteil von Bad Honnef; eigentlich Conrad Hermann Joseph Adenauer) war von 1949 bis 1963 erster Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland sowie von 1951 bis 1955 zugleich Bundesminister des Auswärtigen.
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© Tim Roedel
Die Rohstoff-Woche
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