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Die Rohstoff-Woche - KW 25/2010: Ölkrise voraus!

20.06.2010  |  Tim Roedel (Rohstoff-Woche)
Stehen wir kurz vor einem bewaffneten Konflikt im Mittleren Osten und damit verbunden auch vor einer Explosion des Rohöl-Preises? Will man der Sunday Times Glauben schenken, dann dürfte ein solches Szenario nicht mehr allzu lange entfernt sein. Die Times berichtete jedenfalls in dieser Woche, dass Saudi-Arabien Israel bereits zugesichert hat, dass die israelische Luftwaffe den nördlichen Luftraum Saudi-Arabiens für eventuelle Angriffe Israels gegen den Iran nutzen dürfe.

Konkret geht es dabei wohl um mögliche Angriffe Israels gegen mutmaßliche Atomeinrichtungen des Iran, die vor allem im südwestlichen Teil des Landes vermutet werden. Ein möglicher Angriff Israels auf den Iran hätte jedoch weitreichende Konsequenzen auf dem Ölmarkt zur Folge. Immerhin liegt der Iran bei der täglich geförderten Rohöl-Menge weltweit auf Platz vier.

Ein Ausgleich der dann fehlenden Menge an Rohöl durch eine steigende Produktion in Saudi-Arabien erscheint nicht möglich, da Saudi-Arabien die fehlenden Mengen allein nicht wird zusätzlich fördern können. Doch selbst wenn diese fehlende Menge durch andere Fördernationen ausgeglichen werden könnte, so hätte ein Militärschlag Israels gegen den Iran zunächst einmal - wenn auch möglicherweise nur kurzfristig – einen enormen Impact auf dem Rohöl-Markt zur Folge. Der Rohöl-Preis würde zunächst stark anziehen, weil viele Spekulanten blitzschnell mitverdienen wollen. Ein rascher Anstieg auf über 100 USD je Barrel dürfte dabei kein Problem darstellen.

Mittel- bis langfristig dürfte ein solcher Konflikt die Angst vor einer eventuellen Blockade der Straße von Hormus durch den Iran schüren. Die Straße von Hormus ist DAS Nadelöhr auf dem Weg von den Golfstaaten hin in den Indischen Ozean und damit auch zu den Endverbrauchern. Selbst wenn die Straße von Hormus durch Israel, die USA oder wen auch immer kontrolliert werden könnte, ein Restrisiko für die großen Tankschiffe bleibt immer. Oder würden Sie als Reeder eines ihrer Schiffe durch eine nicht einmal 40 Kilometer breite Schiffspassage schicken, wenn die Wahrscheinlichkeit eines Raketentreffers auch bei nur einem Prozent liegen würde?

Brenzlig wird es jetzt wohl auch für die US-amerikanische Offshore-Rohöl-Industrie. Wie wir bereits mehrfach berichtet hatten, sind alle laufenden Tiefsee-Bohrungen auf dem US-amerikanischen Territorium vorerst für mindestens 6 Monate gestoppt worden. Ein Schnellschuss der Obama-Regierung um den Druck auf das eigene Versagen etwas weniger werden zu lassen und die Bevölkerung zu beruhigen (oder anders ausgedrückt: um der von den Medien angestachelten Menge ein Leckerli vorzusetzen). Schnellschuss deshalb, weil die Wahrscheinlichkeit eines ähnlichen Desasters wie desjenigen von BP innerhalb kürzester Zeit nahezu gegen Null tendiert. Aber Hauptsache alle sind erst mal beruhigt.

Lange werden sich diese Bohrstopps jedoch nicht durchsetzen lassen, mehrere Öl-Produzenten bereiten bereits Klagen gegen den US-amerikanischen Staat wegen entgangener Gewinne vor. Darüber hinaus wird sich die Wut der amerikanischen Bevölkerung auf Grund der medial ausgeschlachteten Öl-Katastrophe bald in die Wut der amerikanischen Bevölkerung auf Grund anziehender Benzin-Preise umschlagen und spätestens dann wird man die aktuell betroffenen Rohöl-Produzenten anflehen, schnellstmöglich wieder zu bohren, um wieder mehr Rohöl produzieren zu können.

Denn aktuell sind nicht nur alle Tiefseebohrungen im Golf von Mexiko und vor der Küste Alaskas gestoppt worden, es werden auch keine neuen erlaubt. Genauso wenig wie mehrere Produktionsstarts im Golf von Mexiko, die aktuell ausgesetzt wurden.

Der nächste Punkt sind zu erwartende höhere Auflagen für die Tiefseeförderung, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von der US-Regierung auferlegt werden. Diese werden mit exorbitant höheren Kosten für die betroffenen Unternehmen verbunden sein und sich letztendlich in höheren Preisen niederschlagen. Die Tiefsee-Förderung macht immerhin knapp ein Drittel der gesamten Rohöl-Förderung der USA aus. Auch wenn sich eine fehlende Rohöl-Menge von anderer Stelle her (Golfstaaten, etc.) ausgleichen lassen würde, so dürfte eine Mehrproduktion in den OPEC-Staaten sicherlich nicht unbedingt zu niedrigeren Preisen führen. Eine konjunkturelle Erholung vieler Volkswirtschaften würde die Rohöl-Nachfrage zusätzlich schüren und den Rohöl-Preis zusätzlich anheizen. Dieses Szenario scheint nur eine Frage der Zeit zu sein. It’s all about the money - auch oder besonders wenn es ums amerikanische Öl geht.

Wie es letztendlich mit BP weitergehen wird ist fraglich. Immerhin wurde dem britischen Konzern schon mal ein Hilfsfonds in Höhe von 7,5 bis 20 Milliarden USD abgerungen beziehungsweise auf-oktroyiert. 20 Milliarden USD sind selbst für einen Konzern wie BP Summen, die dieser nicht so einfach aus dem Ärmel schütteln kann. Und die Aktionäre laufen schon jetzt Sturm gegen die Ankündigung, dass es in diesem Jahr keine Dividende geben wird. Bleibt eigentlich nur noch die Frage, ob und wessen Kopf denn nun rollen wird. Denn bisher gibt man sich bei BP schiedlich friedlich. Frägt sich nur wie lange noch, denn wie bei allen Aktiengesellschafften haben im Endeffekt die Aktionäre das Sagen. Und denen steht’s bis zum Hals - das gute Öl.

Wie geht es generell weiter mit den Rohstoff-Märkten? Uneinheitliche Schätzungen bezüglich der weltweiten wirtschaftlichen Entwicklung für die nächsten 12 Monate lassen eine Einschätzung schwierig werden. Der größte Wachstumsmotor China wird aktuell eher zu einer Belastung für die Metallpreise, denn zu einer echten Stütze. Problem sind die im letzten Jahr aufgebauten Lagerbestände im Reich der Mitte. Vor allem die Industriemetalle Aluminium und Kupfer sind mehr als reichlich vorhanden, sodass China aktuell nur einen gedämpften Bedarf an Importen dieser Metalle besitzt. Zudem versucht China schon seit einigen Monaten das weiterhin rasant steigende Wirtschaftswachstum zu bremsen um keine Überhitzung der Konjunktur zu riskieren.

Diese Gegensteuerungsmaßnahmen bedeuten entsprechend weniger Industrieproduktion, zum Beispiel an Stahl, sodass der Bedarf zusätzlich gedrosselt wird. Ein weiteres Problem stellt aktuell der erstarkte US-Dollar dar, der die Metallpreise zusätzlich unter Druck setzt. Da helfen auch positive Wachstumsprognosen aus den USA und Europa nicht viel weiter. Nur ein gemeinsames Wachstum und damit verbunden starke Nachfrage aus allen wichtigen Volkswirtschaften oder/und eine Angebotsdrosselung können die Metallpreise auch in Zukunft spürbar nach oben bewegen.


Das Zitat der Woche:

“Erfolg ist kein Hafen, sondern eine gefährliche Fahrt in unbekannte Gewässer. Am Leben teilnehmen heißt, gewinnen, Erfolg haben, das Ziel erreichen. Hierbei besteht jedoch immer die Gefahr, als Mensch zu versagen. Die Lektion, die die meisten auf dieser Reise niemals lernen, aber auch niemals vergessen können, lautet: Gewinnen bedeutet, manchmal auch verlieren können.“ - Richard Milhous Nixon (* 9. Januar 1913 in Yorba Linda, Kalifornien; † 22. April 1994 in New York) war ein amerikanischer Politiker der Republikaner und 37. Präsident der Vereinigten Staaten (1969 bis 1974). Nixon ist der bisher einzige Präsident der Vereinigten Staaten, der von seinem Amt zurückgetreten ist. Grund dafür war die WatergateAffäre.

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© Tim Roedel
Die Rohstoff-Woche





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